Utilitarismus

In seiner populistisch vereinfachten Form, reduziert auf das Prinzip vom größtmöglichen Glück für die größtmögliche Anzahl von Men- schen ist der durch J. Bentham (1748-1832) und J. S. Mill (1806-1873) begründete Utilitarismus in der Gegenwart zu einem dominanten Grundmuster ethischer Argumentation geworden. Dies zeigt sich etwa dann, wenn man über den Abschuss eines vollbesetzten Pas- sagierflugzeuges diskutiert, das von Terroristen mit dem Ziel entführt wurde, es auf dem Münchner Oktoberfest zum Absturz zu brin- gen. Nur selten hört man in solchen Gesprächen Stimmen, die einen Abschuss aus Gewissensgründen ablehnen, noch seltener wird das Gebot “Du solltst nicht töten” angeführt, denn für die breite und dominante Mehrheit ist klar: Es ist besser ein paar Terroristen und die wenigen hundert Passagiere zu töten, als das Leben abertausender Oktoberfestbesucher zu gefährden. Einfache Mathematik recht- fertigt hier die Entscheidung, unschuldige Menschen zu töten und Menschen- und Grundrechte außer Kraft zu setzen, zumal, dieses Hilfsargument wird gerne zusätzlich vorgebracht, es ja keine Rolle spiele, ob die Passagiere nun ein paar Minuten früher (durch den Abschuss) oder später (durch den Absturz) sterben. Tot seien sie so und so. Es gilt das konsequentialistische Prinzip, der Zweck heiligt die Mittel…

Bentham(Bentham)

Gerade im Gesundheitswesen lassen sich eine Reihe von weiteren Beispielen für den populistischen Utilitarismus finden. Bedenkt man etwa, dass die Entwicklung eines Medikamentes hunderte Millionen Euro kostet, so erklärt sich schnell, warum kaum ein Unternehmen bereit ist, in die Entwicklung von Medikamenten für seltene Krankheiten zu investieren. Gleiches gilt für den Staat, der Forschungsgelder ebenfalls bevorzugt für die Erforschung und Behandlungen von Volkskrankeiten gibt.

 

Cute little piglet

Ist der Utilitarismus „only worthy of a swine“ wie es schon J. S. Mill vorgeworfen wurde. Geht es dem Untilitarismus wirklich nur um Lust und materiellen Nutzen? Tatsächlich spielen Werte wie “Gleichheit”, “Freiheit”, “Gerechtigkeit” oder “Tugendhaftigkeit” im Utilitarismus keine Rolle. Richtig ist auch, dass sich das Prinzip vom größtmöglichen Glück am besten und leichtesten umsetzen lässt, wenn das Glück quantifizierbar und messbar ist (also z.B. in Form von Geld…). Doch gilt dies vor allem für einen populistisch verstanden Utilitarismus. Vergessen und übersehen wird immer wieder, dass der Utilitarismus sehr wohl fordert,

die Folgen der Handlung zu prüfen – mit welcher Wahrscheinlichkeit folgt aus der einen Lustempfindung eine weitere?

die Reinheit der Handlung zu prüfen – besteht das Risiko, dass der Lustempfindung eine Empfindung entgegengesetzer Art folgt? ( im Beispiel von oben z.B. Trauer über verstorbene Menschen…)

dauerhafte Lösungen zu finden…

Kurz: Utilitarismus und die Findung des Glückes fordern in jeder Situation ein intensives Nachdenken, über das, was angestrebt wird (Aktutilitarismus) oder die reflektierte Bildung  von Grundregeln (Regelutilitarismus) nach denen man dann in jeder Sitiation handelt…

Leave a comment