Auf dem Weg in ein neues Leben I

Es gibt viele Gründe, die erklären, warum das Christentum sich in den ersten Jahrhunderten nach Christus so massiv ausbreitete, drei sollen hier genannt werden:

  • Die Konsequenz, mit der die Christen für ihren Glauben einstanden, trotz massiver Verfolgung
  • Das intensive soziale Engagement der Christen, insbesondere auch die Aufhebung gesellschaftlicher Standesunterschiede in den Gemeinden – alle waren dort Brüder und Schwestern, Sklaven konnten Leiter von Gemeinden sein…
  • Die Hoffnung auf ein echtes, d.h. lebenswertes, Leben nach dem Tod

Der folgende Artikel widmet sich nur dem letzten Grund. Bevor dies allerdings geschieht, ein kleiner gesellschaftspolitischer Hinweis: Der gegenwärtige Erfolg des Islams, zu dem sich immer mehr auch ehemals christlich sozialisierte junge Menschen aus dem Westen bekennen, beruht gerade auch auf den ersten beiden Gründen.

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“Der Flug zum Himmel”

Tod und Auferstehung

Befragt man Leute auf der Straße, so ist für sie klar, dass das Christentum die Auferstehung nach dem Tod lehrt. Unklarer werden die Vorstellungen, fragt man nach, also z.B. ob denn nun die Auferstehung Leib und Seele betreffe oder nur die Seele? oder ob es denn ein Fegefeuer, eine Hölle als ewige Verdammnis gebe… Klar ist dagegen wiederum, dass in vielen Fällen die Rede von der Auferstehung der Toten einen starken Tröstungs- und Vertröstungsaspekt hat: Dieses Leben ist zu kurz, ist nicht glücklich verlaufen, aber dafür gibt es noch ein glückliches Leben nach dem Tod. Diese letztere Aussage hat ihre Wahrheit, aber sie verweist auch auf eine Schwachstelle in der Verkündigung des Christentums. Welche das ist, dies offenbart ein Blick in die Bibel:

Altes Testament

Die Vorstellung von einem echten Leben nach dem Tod existiert im Alten Testament nicht. Dies mag gerade angesichts der Tatsache, dass andere Völker im Umfeld Israels, etwa die Ägypter, intensive Vorstellungen entwickelt hatten, erstaunen, aber das Alte Testament geht davon aus, dass uns nach dem Tod nur eine Schattenwelt – die Scheol – erwartet. Es ist auf den ersten Blick klar, dass die Scheol kein erstrebenswertes Ziel ist, denn ein Schattendasein bedeutet ein Leben ohne echte Kommunikation, soziale Kontakte und jede Form des Genusses. Das Alte Testament ist damit eindeutig nicht jenseits- sondern diesseitsorientiert. Wenn, dann ist hier in diesem Leben das Paradies, das Glück zu finden und hier muss wiederholt werden, was schon an anderer Stelle gesagt wurde, dieses Paradies ist möglich. Der Gerechte, das ist die Grundüberzeugung des Alten Testamentes, wird von Gott gesegnet und lebt ein glückliches Leben. Er stirbt alt und lebenssatt. Er braucht kein Leben nach dem Tod, um Versäumtes… aufzuholen.

Aber, so mag der Bibelkundige einwenden, gibt es nicht im Alten Testament, konkret bei Ezechiel eine sehr eindrückliche und eindeutige Schilderung der Auferstehung der Toten?

“Und des HERRN Wort kam über mich, und er führte mich hinaus im Geist des HERRN und stellte mich auf ein weites Feld, das voller Totengebeine lag. 2 Und er führte mich allenthalben dadurch. Und siehe, des Gebeins lag sehr viel auf dem Feld; und siehe, sie waren sehr verdorrt.
3 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, meinst du auch, daß diese Gebeine wieder lebendig werden? Und ich sprach: Herr, HERR, das weißt du wohl. 4 Und er sprach zu mir: Weissage von diesen Gebeinen und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des HERRN Wort! 5 So spricht der Herr, HERR von diesen Gebeinen: Siehe, ich will einen Odem in euch bringen, daß ihr sollt lebendig werden.  6 Ich will euch Adern geben und Fleisch lassen über euch wachsen und euch mit Haut überziehen und will euch Odem geben, daß ihr wieder lebendig werdet, und ihr sollt erfahren, daß ich der HERR bin.  
7 Und ich weissagte, wie mir befohlen war; und siehe, da rauschte es, als ich weissagte, und siehe, es regte sich, und die Gebeine kamen wieder zusammen, ein jegliches zu seinem Gebein. 8 Und ich sah, und siehe, es wuchsen Adern und Fleisch darauf, und sie wurden mit Haut überzogen; es war aber noch kein Odem in ihnen. 9 Und er sprach zu mir: Weissage zum Winde; weissage, du Menschenkind, und sprich zum Wind: So spricht der Herr, HERR: Wind komm herzu aus den vier Winden und blase diese Getöteten an, daß sie wieder lebendig werden! 10 Und ich weissagte, wie er mir befohlen hatte. Da kam Odem in sie, und sie wurden wieder lebendig und richteten sich auf ihre Füße. Und ihrer war ein großes Heer.
11 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns. 12 Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht der Herr, HERR: Siehe, ich will eure Gräber auftun und will euch, mein Volk, aus denselben herausholen und euch ins Land Israel bringen; 13 und ihr sollt erfahren, daß ich der HERR bin, wenn ich eure Gräber geöffnet und euch, mein Volk, aus denselben gebracht habe. 14 Und ich will meinen Geist in euch geben, daß ihr wieder leben sollt, und will euch in euer Land setzen, und sollt erfahren, daß ich der HERR bin. Ich rede es und tue es auch, spricht der HERR.”

Dieser Text, der im Kontext des babylonischen Exils entstand, wird gerne genommen, um die Auferstehung der Toten auch im Alten Testament zu belegen. Allerdings sind sich alle Exegeten einig, dass dieser Text von seinem Ende her und damit symbolisch zu verstehen ist: Gott wird sein Volk wieder von den Toten erwecken, er wird ihm also seine Freiheit und Souveränität wiedergeben.

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“Das Martyrium der sieben Makkabäer”

Erst am Rande des Alten Testamentes, etwa im dritten Jahrhundert vor Christus, tauchen dann die ersten Vorstellungen von einer echten Auferstehung der Toten auf. Sie sind zu verstehen als Reaktion der Juden auf die Besetzung ihres Landes durch die Griechen,  genauer die Seleukiden. Unter diesen Fremdherrschern, die die Juden auch in der konkreten Ausübung ihres Glaubens zu unterdrücken versuchten (siehe dazu etwa die Darstellungen in den Büchern der Makkabäer, z.B. 2. Makk 7 ), war es aus der Sicht der frommen Juden nicht mehr möglich vor Gott gerecht zu leben. Unter diesen Bedingungen entstand die Idee, dass die Gerechten und nur sie, von den Toten wieder auferstehen würden, um von Gott den Lohn für ihr Bemühen zu erhalten.

Freilich, diese Vorstellung blieben Ideen und bei weitem nicht alle Juden waren von der Auferstehung der Toten überzeugt. Selbst zur Zeit Jesu stritten die religiösen jüdischen Parteien noch über diese Frage. So glaubten etwa die Pharisäer an die Auferstehung, während die Sadduzäer hier deutlich skeptischer waren. Jesus, als Rabbi, als Schriftgelehrter, wurde von ihnen deshalb mit der Frage konfrontiert, mit welchem Mann eine Frau im Himmel verheiratet sei, die im irdischen Leben verheiratet war und dann nach dem Tod ihres ersten Mannes von dessen Bruder geheiratet wurde. Die Frau ist nach der Logik des alttestamentlichen Gesetzes zu ihren Lebzeiten völlig unschuldig, doch müsste sie nach der Logik des alttestamentlichen Gesetzes im Himmel, nach der Auferstehung der Toten gesteinigt werden, denn im Himmel hätte sie mehrere Männer…

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