Auf dem Weg in ein neues Leben III

Le_Caravage_-_L'incrédulité_de_Saint_Thomas

“Der ungläubige Thomas”

Auf die Berichte unterschiedlicher Jünger, sie hätten Jesus wieder gesehen, er sei von den Toten auferstanden, reagiert Thomas mit gesundem Menschenverstand: Ich glaube euch das nicht. Ich glaube das erst, wenn ich es nicht nur mit eigenen Augen gesehen, sondern auch meine Hände in seine Wunden gelegt habe. Was auf den ersten Blick seltsam, masochistisch, aber auch unsensibel klingt, zeugt von guter Realitätsprüfung. Thomas weiß offenkundig, dass Menschen dazu neigen, sich selbst zu täuschen. Er weiß, dass wir manchmal sehen, was wir sehen wollen. Er weiß auch, dass Menschen Phantasie haben und sich – insbesondere in Gruppen – auch gerne in Dinge hineinsteigern. (siehe dazu auch http://www.spiegel.de/panorama/religioese-erscheinungen-wenn-jesus-aus-dem-auto-starrt-a-670514.html) Deshalb will er nur glauben, was er mit eigenen Augen gesehen und mit seinen Händen erfühlt hat.

Diese Geschichte erzählt als Einziger der Evangelist Johannes. Er setzt dem Jünger Thomas damit ein Denkmal, ein etwas unrühmliches allerdings, denn Thomas gilt fortan als der Ungläubige. Der Evangelist seinerseits hat allerdings gute Gründe, diese Begebenheit zu erzählen, schreibt er doch, folgt man der Mehrheit der Exegeten, am Ende des ersten Jahrhunderts. In einer Zeit, also, in der es seit gut 50 Jahren keine Erscheinungen des Auferstandenen mehr gegeben hatte (man erinnere sich: Paulus war der Letzte, dem der Auferstandene erschien), in der aber vor allem auch die Generation der direkten Zeugen der Auferstehung schon längst gestorben ist.

Johannes sendet deshalb mit dieser Geschichte mehrere Botschaften:

An die Zweifler seiner eigenen Zeit: Seht her, schon unter den Jüngern gab es vernunftorientierte kritische Menschen oder negativer ausgedrückt “Ungläubige”, die das Bedürfnis hatten, sich eine eigene Meinung zu bilden – und: Thomas kam zu der Überzeugung, dass die Auferstehung echt ist, er hat das empirisch überprüft. Eine Botschaft, die der Evangelist Johannes mit einem Seitenhieb auf die Zweifler seiner Zeit verbindet. Sie müssen sich angesprochen fühlen, wenn Jesus zu Thomas sagt: “Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.”

Zum anderen klärt diese Geschichte auch die Frage, in welcher Form die Auferstehung bei Jesus stattfand und damit auch bei uns stattfinden wird: Als leibliche Auferstehung. Jesus ist nach seiner Auferstehung kein Geistwesen, kein Gespenst, kein Seelenfunke, sondern leiblicher Mensch. Hier taucht sie also wieder auf, die biblische Vorstellung vom Menschen als Leib-Seele-Einheit, die nichts mit der griechischen Vorstellung von der unsterblichen, im vergänglichen Körper gefangenen, Seele zu tun hat. Damit ist auch gesagt, dass

  • wir auch nach dem Tod als Individuum erhalten bleiben – wir verlieren, anders als etwa im Hinduismus oder Buddhismus, weder uns Ich noch unsere Erinnerungen
  • wir nach dem Tod nur insofern einen neuen Körper bekommen, als dass die negativen Spuren des Lebens (Krankheit, Alter…) verschwunden sein werden (siehe dazu Paulus 1. Korinther 15,35ff)
  • das Paradies ein Leben voller sinnlicher, genussvoller Eindrücke und Erfahrungen sein wird, voller echter menschlicher Kommunikation.

220px-HerzJesu_mit_Droste_zu_Vischering_und_MMAChristus offenbart im Jahr 1673 Margareta Maria Alacoque (rechts) und Maria Droste zu Vischering sein Herz

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