Die Kirche und der Krieg – Einleitung

Die Kirche und der Krieg. Dieses Thema ist ein heißes Eisen, denn es ist sehr gut dazu geeignet, die Kirche in ein schlechtes Licht zu rücken. Man muss ja nur daran erinnern, dass

  • die Kirche es war, die zu den Kreuzzügen aufrief, in die Abertausende zogen, sogar Kinder, in deren Folge unzählige Menschen starben, viele im Kampf, andere wurden ermordet…
  • die Kirche, etwa im Kontext des ersten Weltkriegs, Waffen segnete, Fahnen und Soldaten, die mitnichten auf dem Weg in eine Friedensmission waren…

und dass andererseits

Jesus doch sagte: Liebe deine Feinde; wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin…

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So scheint es also an dieser Stelle einen fundamentalen Gegensatz zu geben, zwischen dem, was Jesus, der Sohn Gottes, wollte und dem, was die Kirche dann daraus machte.

Sehr spannend ist in diesem Kontext auch ein weiterer Begriff: arabisch: Dschihad, deutsch: der heilige Krieg. Er gilt vielen heute als typisches und wesentliches Merkmal des Islams. Muslimen trauen viele in Deutschland und beileibe nicht nur die Pegida-Anhänger, zu, dass sie jederzeit den Heiligen Krieg etwa gegen Deutschland ausrufen könnten. Und ja, die meisten wissen auch noch, dass es – siehe oben – auch im Christentum eine Phase gab, in der man in den Heiligen Krieg zog. Aber diese Phase scheint überwunden, Geschichte. Wer aber weiß schon, dass es den Heiligen Krieg (sowohl als Idee, als auch in der Umsetzung) in der Bibel, im Alten Testament und damit in der Geschichte des Judentums gab? Wer weiß schon, dass der Heilige Krieg Teil aller bekannten Hochkulturen ist, dass er z.B. selbstverständlicher Teil des Hinduismus und des Buddhismus ist? Insbesondere letzteres mag irritieren, erscheint doch der Buddhismus vielen als Religion des reinen Pazifismus, in dessen Geschichte es nie Kriege gegeben hat.

Aber, an dieser Stelle ist Selbstkritik angebracht, denn es könnte gut sein, dass wir hier so manches durch eine rosarote, hermeneutische Brille sehen. Diese Brille ist, in unserem spezifisch deutschen Blick, rosarot, weil wir uns selbst aufgrund unserer jüngeren Geschichte als pazifistische Nation verstehen. Der Gedanke, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen dürfe, der sich an zentraler Stelle im Grundgesetz wiederfindet, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Prägend waren hier die Zeit des Dritten Reiches und des Zweiten Weltkrieges. Für viele ist auch deshalb das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan und in anderen Teilen der Welt ein unerhörter Tabubruch.

Stark beeinflusst wurde das Verhältnis der Deutschen zum Thema Krieg dann aber auch in der Zeit des Kalten Krieges. Das damals noch geteilte Deutschland war Symbol und reales “Spielfeld” in der Auseinandersetzung zwischen Ost und West. Im Westen und im Osten Deutschlands wurden immer mehr Raketen mit Atomsprengköpfen aufgestellt und nicht nur in Filmen spielte man den Gedanken durch, was wohl passieren würde, wenn einer in den Kommandozentralen den roten Knopf drückt…

 

Diese und andere historische Erfahrungen sorgten dafür, dass in Deutschland die Friedensbewegung stark wurde. Einige Kirchentage der evangelischen Kirche, zu denen sich Hunderttausende etwa in Hamburg trafen, standen ganz im Zeichen der Idee des globalen Friedens. Die Ursprünge der Partei der Grünen liegen nicht zufällig auch im Kampf gegen das atomare Wettrüsten… In diesem Kontext brauchte es und gab es Leitfiguren: Jesus zählte für die Friedensbewegten ebenso dazu, wie der Dalai Lama, ein im Westen sehr präsenter Vertreter des Buddhismus.

Anti-aircraft air defense missiles on position

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Doch genau an dieser Stelle ist Vorsicht angesagt, denn so sehr das Bedürfnis und Bestreben, die Bundesrepublik als pazifistische Nation zu gestalten, ehrenwert und ethisch vorbildlich ist, so sehr ist es doch auch schwierig, wenn Geschichte, wenn Kulturen, wenn Religionen einseitig durch eine bestimmte hermeneutische Brille interpretiert werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die typisch westliche Interpretation des Buddhismus als die pazifistische Religion überhaupt. Eine Vorstellung, wie sie auch gerne von Hollywood vermittelt wird. Doch schon zwei kurze Hinweise genügen, um zu zeigen, dass das nicht so einfach ist. So

  • unternahm Buddha selbst nichts, um das klassisch hinduistische Kastensystem abzuändern oder gar aufzulösen. Er lehrte im Gegenteil, dass es die Bestimmung eines jeden Menschen sei, nach den Bedingungen der Kaste zu leben, in die er aufgrund seines Karmas geboren wurde. Ein Unberührbarer sollte also weiterhin akzeptieren, dass das Leben im Elend sein Karma ist und ein Angehörigen der Kriegerkaste hatte damit weiterhin die Lebensaufgabe, ein guter Krieger zu sein (töten von Gegnern inklusive, Pazifismus ausgeschlossen)
  • war Tibet vor der chinesischen Invasion letztlich ein mittelalterlicher Feudalstaat, der in seiner Vergangenheit immer wieder auch Nachbarstaaten, etwa das Volk der Mongolen unterworfen hatte.

Weil wir so sehr in Gefahr stehen, Dinge durch unsere spezielle hermeneutische Brille zu sehen, wird es im Folgenden darum gehen, einen zumindest etwas objektiveren Blick auf das Thema Kirche und Krieg zu entwickeln.

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