Die Kirche und der Krieg – Teil II

Die Geburt Jesu fällt in eine Zeit, in der sich das Land Israel immer mehr zu einem Pulverfass entwickelte, das dann 66 n.Chr. (Beginn des jüdisch römischen Krieges) auch tatsächlich explodierte. Die Juden litten spürbar unter den alltäglichen Auswirkungen der römischen Besetzung, unter dem Recht römischer Soldaten, die einheimische Bevölkerung als Träger zu requirieren (siehe Mt. 5,41), unter den Steuern… Dazu kam eine Reihe von Taten römischer Statthalter, die aus jüdischer Sicht massiven Provokationen gleichkamen. Durchaus typisch ist, was von Pontius Pilatus berichtet wird:

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Frisch ins Amt des Statthalters für Jeusalem eingesetzt, ließ Pontius Pilatus Feldzeichen mit dem Bild des Kaisers in die Stadt bringen. Ihm war bewusst, dass die jüdischen Gesetze Bilder von Göttern und Menschen verboten, ihm war bewusst, dass seine Vorgänger schon ähnliches versucht hatten und am massiven Widerstand der Bevölkerung gescheitert waren, trotzdem versucht er es. Flavius Josephus zufolge kam es, wie es kommen musste: Die Menschen protestierten.

Der Statthalter versuchte den Protest zuerst mit Gewalt zu unterdrücken, dann ließ er sich scheinbar auf Gespräche ein und bat zur Diskussion seiner Maßnahme in die städtische Rennbahn zu kommen. Doch das war ein Trick, denn kaum hatten sich die Protestierenden in der Rennbahn versammelt, schnappte die Falle zu: Soldaten umzingelten die Menge. Womit Pilatus jedoch nicht gerechnet hatte, war, dass auch die Juden sich vorbereitet hatten. Sie suchten ihr Heil nicht in der Flucht oder im Kampf, sie knieten sich hin, entblößten ihren Nacken und warteten geduldig auf ihre Enthauptung. Da Pilatus es sich nicht leisten konnte, ein Massaker zu begehen, gab er zähneknirschend klein bei. Die Feldzeichen wurden aus der Stadt entfernt.

Doch es dauerte nicht lange, da folgte die nächste Provokation: Um eine Wasserleitung zu finanzieren, die Jerusalem versorgen sollte, beschlagnahmte er Geld aus dem Tempelschatz. Den Widerstand, der sich gegen diese Maßnahme richtete, erstickte er mit Gewalt. Völlig willkürlich handelte Pilatus schließlich, als sich, angelockt von der Botschaft eines Propheten, auf dem Berg Garizim seien heilige Geräte aus der Zeit des Mose begraben, eine große Menschenmenge auf dem  Garizim versammelte. Er ließ Soldaten aufmarschieren, die die Versammlung mit Gewalt sprengten.

Die Menschen in Israel reagierten auf diese Erfahrungen in unterschiedlicher Art und Weise: Während die einen fest daran glaubten, dass Gott selbst sein Volk durch einen Messias retten werde, sobald alle Juden einen Tag lang Gottes Gebote genau halten (Pharisäer), zogen sich die anderen ganz aus dieser Welt zurück, gingen in die Wüste, um dort in Reinheit und Abgeschiedenheit auf andere Zeiten zu warten (Qumran-Essener) und wieder andere gingen in den Untergrund und kämpften gegen die Römer (Zeloten).

Immer wieder wurde und wird Jesus, und noch mehr sein Jünger Judas mit letzteren in Verbindung gebracht. Dies liegt daran, dass die Zeloten glaubten, Gott werde einen königlichen einen Kriegermessias schicken, der das Volk um sich sammelt, der nach ersten Erfolgen im Kampf gegen die Römer (hier fehlt eine Analogie im Leben Jesu) nach Jerusalem kommt, um als neuer König (siehe dazu auch den Einzug Jesu in Jerusalem, Jesus zieht ein, wie ein König nach alttestamentlicher Tradition einziehen sollte und wird auch vom Volk entsprechend gefeiert) das Volk gegen den Feind zu führen (die Tempelreinigung, in der Jesus ja durchaus nicht gerade friedfertig auftritt, wäre somit eine erste Amtshandlung des Messias nach zelotischer Lesart).

468px-Simon_(Caravaggio)(Simon Zelotes)

Freilich sollte, nach den Erwartungen der Zeloten, nicht alles glatt gehen. Sie rechneten im Gegenteil mit einer Krise, in der der Feind übermächtig wird und alles zu scheitern droht (Verrat des Judas, Verhaftung Jesu…). Erst durch das rettende direkte Eingreifen Gottes wird die Krise beendet und der Messias tritt mit der Unterstützung Gottes seinen Siegeszug an. Soweit die Vorstellungen und Hoffnungen der Zeloten. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig zu wissen, dass es Messiasse dieser Art wohl mehrere gab. Sie alle scheiterten nach anfänglichen Erfolgen, keinem kam Gott zu Hilfe. Entsprechend abgeklärt reagiert der Phariäer Gamaliel auf die Tatsache, dass sich die Jesusbewegung nach dem Tod Jesu nicht sofort zerstreut hat:

Da meldete sich im Rat ein Pharisäer namens Gamaliël zu Wort, ein Gesetzeslehrer, der beim ganzen Volk in hohem Ansehen stand. Er verlangte, dass die Angeklagten vorübergehend aus dem Saal gebracht werden, und sagte dann zu dem versammelten Rat: „Ihr Männer aus Israel, seid vorsichtig und überlegt euch gut, wie ihr mit diesen Leuten verfahren wollt. Vor einiger Zeit trat Theudas auf und behauptete, eine besondere Sendung zu haben. Etwa vierhundert Männer schlossen sich ihm an; aber dann fand er den Tod, seine Anhänger liefen auseinander und alles war zu Ende. Danach kam zur Zeit der Volkszählung der Galiläer Judas und rief zum Aufstand auf. Er brachte eine stattliche Schar von Anhängern zusammen; aber auch er kam um, und alle, die ihm gefolgt waren, wurden auseinander getrieben. Darum rate ich euch: Geht nicht gegen diese Leute vor! Lasst sie laufen! Wenn das, was sie wollen und was sie da angefangen haben, nur von Menschen kommt, löst sich alles von selbst wieder auf. Kommt es aber von Gott, dann könnt ihr nichts gegen sie machen. Wollt ihr am Ende als Leute dastehen, die gegen Gott kämpfen?“ Die Ratsmitglieder gaben Gamaliël Recht. Sie riefen die Apostel wieder herein, ließen sie auspeitschen und verboten ihnen, weiterhin von Jesus zu sprechen und unter Berufung auf seinen Namen öffentlich aufzutreten. Dann ließen sie sie frei. Apg. 5,34-40

In diesem, hier nur grob beschriebenen, Kontext ist Jesus mit seiner Botschaft einzuordnen und, genau das gelingt nicht. Er passt weder zu den Vorstellungen der Zeloten noch zu denen der anderen Gruppen zur Zeit Jesu. Seine Botschaft ist anders:

  • Liebe deine Feinde
  • Demütigungen begegne mit Gleichmut (wenn Dich einer auf die eine Backe…)
  • Begegne denen, die dich unterdrücken, die dich ausbeuten mit Liebe
  • Vergib denen, die dir Unrecht tun…

Es sind Botschaften des Friedens, der Versöhnung, in einer aufgeheizten, gewaltdurchdrungenen Zeit und Gegend. Botschaften, die sich nicht nur Christen, sondern auch andere – man denke nur an Gandhi, zum Vorbild nahmen, um die Verhältnisse in seiner Welt grundlegend zu verändern. Durch diese Botschaften ist Jesus in seiner Zeit aus dem Rahmen gefallen. Seine Jünger und die bald entstehenden ersten christlichen Gemeinde haben sie gelebt und umgesetzt.

 

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