Der Existentialismus – der Mensch und der Tod III

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Was soll man tun, angesichts der Erfahrung des Absurden? Was soll man tun, wenn man mitbekommt, wie der Kollege, der hart arbeitete, alles gab, damit es der Familie gut geht, der sehr gesund lebte, Sport trieb, plötzlich einen Herzinfarkt bekommt und stirbt? Es gibt zwei Optionen: Die erste wählen wir sehr gerne: Kurz erschrecken, kurz beteuern, dass man nun selbst mehr auf sich achten werde und dann das Ganze möglichst schnell verdrängen und weitermachen wie bisher. Die zweite ist die von der wir gerne reden, die wir aber selten bis gar nicht konsequent umsetzen:

  1. Anerkennen der Absurdität unserer normalen Existenz, in der wir funktionieren, so wie man es von uns erwartet, als guter Familienvater, als guter Arbeitnehmer…
  2. Die Tatsache ernst nehmen, dass wir zu oft Optionsscheine auf eine ungewisse Zukunft ziehen, in der wir dann glauben, glücklich zu werden, glücklich zu sein und daher
  3. beginnen, das zu tun, was wir können und was auch das Einzige ist, das Sinn macht, nämlich so zu leben, dass möglichst jeder Augenblick unseres Lebens sinnvoll ist, denn so sehr wir nicht im Griff haben, was in der Zukunft passiert, so sehr haben wir doch im Griff, was genau jetzt, in diesem Moment passiert.

Was wir davon hätten, würden wir uns an Option 2 halten? Nun zuallererst ein großes Moment der Befreiung, denn wir wären wieder Herr über uns selbst. Wir würden schlichtweg nicht mehr mitmachen, bei dem “man macht”, “sie sollten jetzt”, “es wird erwartet, dass”. Lebten wir nach Option 2, dann würde sich auch unser Leben deutlich verändern, denn wir würden jeden Moment, jede Begegnung ernst nehmen. Gerade letzteres würde einen großen Fortschritt in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen bedeuten, weil wir immer tiefe und sinnhafte Momente suchen würden, nie nur smalltalk und Oberflächlichkeiten. Und – dies ist den Existentialisten das Wichtigste – wenn wir dies tun, dann würden wir auch sehen, dass es den anderen ähnlich geht, wie uns, dass sie ebenfalls die Absurdität dessen spüren, was wir ein normales Leben nennen, die Sinnlosigkeit der üblichen Lebensentwürfe und, dass sie, wie wir selbst, Angst haben vor der letzten Erkenntnis: Unsere Existenz an sich hat keinen Sinn. Wir sind und bleiben in dieser Welt ein Nichts, ein Spielball, der Konzerne, der Politiker, der Medien, der Naturgewalten…

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Würden wir uns und unsere Mitmenschen in dieser Form ernst- und wahrnehmen, als Menschen, die eigentlich nichts in der Hand haben, außer den konkreten Moment;

Würden wir begreifen und uns der Tatsache stellen, dass es die Angst vor der Sinnlosigkeit uneres Daseins ist, die uns dazu treibt, vorgegebenen Sinnentwürfen brav zu folgen, zu tun, was man sagt.

Und würden wir stattdessen versuchen, jedem Moment, jeder Begegnung Sinn zu geben,

dann wäre ein ganz anderen zwischenmenschlicher Umgang möglich – wahre echte Humanität,

weil es dann nicht mehr um Dinge ginge, die nicht erreichbar sind, wie gesellschaftliches Ansehen, die Ehre oder Wohlstand, sondern um die wahren Dinge des Lebens, um Gefühle, um echtes Verstehen…

Und im Idealfall – dann wenn wir doch alt werden und es doch schaffen, im “Haus am See” zu leben, von dem Peter Fox singt – dann ja dann und nur dann könnten wir unseren 20 Kindern und 100 Enkeln unendlich viel erzählen, weil wir unendliche viele wertvolle Momente erlebt hätten …

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